Wie kann Partnerschaft gelingen? oder Du und Ich = Wir

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Wir bewundern Paare, die gemeinsam viele Jahre, Jahrzehnte gemeinsam durch Höhen und Tiefen gehen, zusammenhalten und sich nicht beirren lassen, an dem Versprechen, das sie sich einmal gegeben haben, in welcher Form auch immer, festzuhalten. Welches Geheimnis haben diese Paare und warum schaffen andere Menschen nur Beziehungen, die lediglich wenige Jahre währen und einem häufigen Wechsel unterworfen sind?

Es ist noch nicht allzu lange her, da war das Zusammenleben durch die gesellschaftlichen Normen geregelt, denen man sich in den meisten Fällen kritiklos unterwarf bzw. unterwerfen musste um nicht ausgeschlossen zu werden, nicht selten auf Kosten von einem der beiden Partner. Sehr häufig waren hier vor allem die Frauen betroffen. Heutzutage sind wir weitgehend frei in der Wahl des Partners und in der Art und Weise, wie wir das Zusammenleben gestalten – das macht die Problematik jedoch nicht einfacher.

Die Erwartungen an eine Partnerschaft sind mittlerweile bei vielen Menschen so hoch, dass es teilweise aussichtslos ist, diesen gerecht zu werden. Aber es lohnt sich dennoch um die Liebe zu kämpfen, nicht beim geringsten Anlass aufzugeben und das Handtuch zu werfen. Wir alle wissen, dass der Himmel nicht immer voller Geigen hängen kann, aber es liegt oft vor allem an uns selbst, inwieweit wir uns für das Gelingen und die damit verbundene Dauer einer Partnerschaft einsetzen.

In jeder Beziehung muß erst einmal eine solide, tragfähige Basis geschaffen werden, auf der alle anderen notwendigen Bestandteile aufgebaut werden können. Dabei ist jedoch immer zu beachten, dass nicht alle Möglichkeiten für jede Paarkonstellation geeignet ist, denn jedes Paar ist unterschiedlich und muß selbst herausfinden, was ihm entspricht und förderlich ist. Zu den Grundlagen zählt die Balance zwischen Nähe und Geborgenheit, gleichzeitig aber auch eine Eigenständigkeit der Partner mit ausreichend Freiraum. Eine große Rolle spielt darüberhinaus die gegenseitige Verantwortung sowie eine gewisse Struktur. Nichtsdestotrotz sollte noch Raum für genügend Abwechslung und Spontanität gegeben sein.

Im folgenden sollen einige Punkte genannt werden, die helfen können, das Liebesglück dauerhaft aufrecht zu erhalten!

  • Das Verhältnis zwischen Geben und Nehmen sollte in einem ausgeglichenen Verhältnis stehen, denn nur dann können sich beide Partner gleichwertig und wertgeschätzt fühlen. Schnell entsteht Unzufriedenheit, wenn einer immer nur nimmt und wenig gibt – das kann das Liebesglück schnell ins Wanken bringen.
  • Jedes Paar besteht aus zwei Individuen, die eigene Ziele, Wünsche, Hobbys und vor allem eine eigene Meinung haben. Deshalb sollte man sich in der Partnerschaft nicht zu sehr einengen und sich genügend Freiraum geben, um die eigenen Bedürfnisse zu realisieren. 
  • Neben der Eigenständigkeit ist es jedoch ebenso wichtig, einvernehmliche Pläne und Projekte zu verfolgen, sei es die gemeinsame Urlaubsplanung oder andere Freizeitaktivitäten, an denen beide Freude haben und durch sie noch mehr zusammenwachsen können. Dazu gehört auch die Zukunftsplanung: Was ist uns wichtig? Was wollen wir gemeinsam erreichen? Wo wollen wir in 10 oder 20 Jahren stehen? 
  • Es wird sich früher oder später auf die Beziehung auswirken, wenn einer der Partner mit sich im Unreinen ist. Wer von seinem Partner mit all seinen Stärken und Schwächen geliebt werden will, wie er ist, sollte deshalb zuallererst sich selbst lieben und auch seine eigenen Schwächen akzeptieren. 
  • Aber auch der Partner hat ein Recht auf Schwächen, denn ebenso wie man selber hat er ebenso ein Recht auf die Akzeptanz all seiner Stärken und Schwächen. Die Stärken des anderen Menschen zu lieben, fällt in der Regel nicht schwer, die Schwächen können aber durchaus von Zeit zu Zeit nerven. Deshalb ist es hilfreich, wenn man es lernt, die Schwächen zu akzeptieren anstatt sie ständig zu kritisieren und zu versuchen, den anderen zu ändern. Denn ändern kann man im Zweifelsfall nur sich selbst.
  • Es mag vielleicht etwas streng klingen, wenn man sagt, dass es in einer Beziehung Regeln geben sollte, an die sich beide Partner auch halten. Das fängt bei ganz banalen Dingen wie den Aufgaben im Haushalt an wie zum Beispiel: wer übernimmt welche Arbeiten? Das kann aber auch Fragen bezüglich der Treue und der Verantwortung betreffen: Ab wann beginnt Untreue und wieviel Flirten ist erlaubt? Das Einverständnis beider Partner vorausgesetzt, können sich solche Regeln im Laufe der Jahre natürlich ändern und der jeweiligen Lebenssituation angeglichen werden.
  • Nur mit Kompromissbereitschaft kann eine Partnerschaft funktionieren, denn sonst sind die Konflikte vorprogrammiert. Die Lösung der meisten Probleme liegt jedoch in der Mitte. Aber es genügt nicht, wenn nur einer der Partner immer zu Kompromissen bereit ist und seine eigene Meinung sowie seine eigenen Ziele zurückstellt. Beide müssen sich  ein Stück weit entgegenkommen und eine Lösung finden, die beide zufriedenstellt.
  • Die anfängliche Phase der Verliebtheit flaut eines Tages ab, aber es ist der Liebe sehr förderlich, wenn man sich immer wieder seine Zuneigung zeigt in  Form von Komplimenten, liebevollen Umarmungen oder einem Kuss jenseits der täglichen Routine zur Begrüßung und zum Abschied oder eine kleine Aufmerksamkeit außer der Reihe – all das gibt dem Partner ein Gefühl der Wertschätzung und der immer noch bestehenden und anhaltenden Zuneigung. 
  • Der Wunsch nach Sex lässt im Laufe der Jahre und Jahrzehnte meist nach, dennoch gehört zu einer glücklichen Beziehung auch körperliche Nähe, z.B. in Form von Kuscheln und zärtlichen Berührungen.

Eine liebevolle, langfristige Partnerschaft braucht mehr als das Gefühl, nur verliebt zu sein und wir werden feststellen, dass Liebe eine Kunst, eine Aktivität ist, die erlernt werden muß. Wenn die Romantik nachlässt und der Alltag in der Beziehung Einzug gehalten hat, dann ist es an der Zeit, auf den Anfang zurückzublicken und sich darüber klar zu werden, wie wir die Fähigkeiten, die uns am Anfang so leicht erschienen nun in eine tragfähige Basis verwandelt werden können, die gute und schlechte Zeiten sowie manchen Sturm überdauert. 

Zu den Grundlagen dieser Arbeit zählt an erster Stelle eine funktionierende Kommunikation: das Gespräch in vielen Varianten ist durch nichts zu ersetzen und es gibt zwischen zwei Menschen nichts Destruktiveres als wenn die Sprachlosigkeit zwischen ihnen eingesetzt hat. 

Denn Gefühle und Gedanken äußern, das von dem Partner Gesagte paraphrasieren, wiederholte Nachfragen sowie das Besprechen und Beleuchten von Konfliktsituationen, das sich miteinander Auseinandersetzen – all das erzeugt Tiefe und Vertrauen und das Gefühl vom Partner gesehen zu werden.

Viel stärker in die Richtung einer tiefen Bindung, bestehend aus Vertrauen, Liebe und Geborgenheit, geht die Liebe in einer etwas schon länger andauernden Beziehung. Die Schmetterlinge im Bauch verwandeln sich in eine andere, ebenso positive Ebene der Beziehung. Ob diese Entwicklungsstadien positiv gesehen werden, hängt stets davon ab, wie die Beteiligten diese Transformation empfinden.

Wenn zwei Menschen sich füreinander entschieden haben, dann ist es wichtig, dass sie sich auf die Grundpfeiler einer offenen Kommunikation ohne Vorwürfe und dem daraus resultierenden Vertrauen stützen können. Denn dadurch können Meinungsverschiedenheiten gut geklärt werden ohne dass die Beziehung infrage gestellt werden muss. 

Der offene, wohlwollende Blick auf den Partner ist auf lange Sicht entscheidend, denn die Erwartung an ein blindes Verstehen kann zu Enttäuschungen führen.

Deshalb ist es wichtig, regelmäßige Kommunikationsrituale miteinander zu pflegen und wir dürfen nie vergessen, dass es einfach Arbeit bedeutet, wenn wir die Liebe in einer Beziehung aufrecht erhalten wollen, wenn möglich ein Leben lang.

Rituale schaffen Sicherheit und geben der Beziehung Halt, dabei geht es weniger um das, was man gemeinsam macht, sondern vielmehr hat die Regelmäßigkeit einen hohen emotionalen und symbolischen Wert. Ein sehr wirksames Ritual sind z.B. Spaziergänge, da diese mit Gesprächen kombiniert werden können. Man kann sich gegenseitig berichten, was der andere erlebt hat, aber auch Problemgespräche kann man im Gehen, in der Bewegung, oft einfacher und flüssiger führen und somit zu einer gemeinsamen Lösung finden. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten Rituale zu gestalten – das ist individuell sehr verschieden, da hier jedes Paar seine eigenen Vorlieben entwickeln wird. Rituale können sich verwandeln, wenn zum Beispiel aus dem Paar eine Familie wird, einer den Job wechselt oder eine andere größere Veränderung ansteht: dann gewinnt die Wir-Zeit noch mehr an Bedeutung.

Wenn Partnerschaft gelingen soll, gehört zu den grundlegenden Komponenten der gegenseitige Respekt voreinander, die stete Wandlungsbereitschaft für alle Umbrüche des Lebens und die Erkenntnis, dass mit zunehmenden Alter der Stellenwert der Sexualität eher abnimmt zugunsten einer umfassend gelebten Zärtlichkeit, die dann die Liebe blühen läßt.

Und der Paartherapeut Mathias Jung weist immer wieder darauf hin, welche Bedeutung die immerwährende Kommunikation möglichst in Form von Ich-Botschaften, gepaart mit einer gesunden Konfliktfähigkeit, in jeder Partnerschaft hat und nichts schlimmer ist, als wenn zwischen zwei Menschen die Sprachlosigkeit einsetzt, denn das ist dann meist der Anfang vom Ende. Ein alpgemeingültiges Rezept für das Gelingen einer Partnerschaft gibt es nicht – da muß jeder seinen individuellen Weg finden.

Walter Jens, einer der bedeutendsten Gelehrten im deutschen Sprachraum, der über 60 Jahre mit seiner Frau Inge verheiratet war, die mit ihm zahlreiche Wechselfälle des Lebens meisterte, formulierte es im Jahre 2005, 8 Jahre vor seinem Tode, einmal so:

„Das ist ja das Reizvolle an langdauernden Lieben. Sie verwandeln sich ständig. Es gibt nichts Hinreißenderes als die große Leidenschaft zweier junger Menschen und ich kann mir nichts Hinreißenderes vorstellen als die zärtliche Liebe zweier alter Menschen, die beieinander bleiben.“   

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Harriet von Behr
Harriet von Behr ist gelernte Verlagsbuchhändlerin, studierte anschließend Germanistik und Theaterwissenschaft und arbeitete während und nach dem Studium für mehrere Verlage im Lektorat. Aktuell schreibt sie u.a. für TheMan Artikel zu den verschiedensten Themen.
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