Königin Ranja von Jordanien, klug, schön und engagiert

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Botschafterin zwischen Orient und Okzident –

In einer amerikanischen Talkshow sagte Ranja von Jordanien 2010 einmal, dass sie sich ihren Titel  jeden Tag neu verdienen müsse und er allein sie zu gar nichts berechtige. Aber er sei ihr eine stete Verpflichtung und Herausforderung, die erfüllt werden müsse. Sie ist Ehefrau, Mutter und Landesmutter, ein Spagat zwischen Familie und Vaterland. Ranja ist eine moderne Frau in einem ausgesprochen konservativen Land, im Westen ein gefeierter Medienstar und gern gesehener Gast in verschiedensten Zusammenhängen. 

Am 10. Juni 1993 heiratete Ranja von Jordanien, geboren am 31. August 1970 in Kuwait als Rania Faisal Yasin, Prinz Abdullah bin al-Hussein von Jordanien, den späteren König Abdullah II.. Sie stammt aus einer jordanischen Arztfamilie palästinensischer Abstammung. Ihre Schulausbildung fand in Kuwait statt. Anschließend studierte sie an der amerikanischen Universität in Kairo in Ägypten und machte dort 1991 ihren Bachelor der Betriebswirtschaft. Ihren zukünftigen Mann lernte sie auf einer Dinnerparty kennen – er warb heftig um sie, bereits ein halbes Jahr später waren sie verheiratet. Das Paar bekam vier Kinder, Kronprinz Hussein 1994, Prinzessin Iman 1996, Prinzessin Salma 2000 und Prinz Haschem 2005.

Nach dem Tod von Hussein I. bestieg Abdullah II. 1999 den Thron, Ranja wurde die Königin an seiner Seite, mit 28 Jahren damals die jüngste der Welt, und widmete sich von Anfang an nicht nur ihren repräsentativen Pflichten, sondern setzte sich für unzählige gesellschaftliche, soziale und medizinische Belange von Frauen und Kindern ein. Die Gleichberechtigung und Bildung der Frauen sowie deren finanzielle  Unabhängigkeit ist ihr ein besonderes Anliegen, keine Selbstverständlichkeit in einem arabischen Land. Ihre Stiftung „River Foundation“ vergibt Kleinkredite an Frauen für Existenzgründungen, aber es geht ihr nicht nur um deren materielle Unterstützung, sondern vor allem darum, neue Gedanken und Ideale in den Köpfen zu verankern.

Im Ausland wird sie für ihr Engagement gefeiert, im eigenen Land ist sie hingegen vielfältiger Kritik ausgesetzt – vielen ist sie zu sehr vom Westen geprägt und so macht sie im eigenen Land eine Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne mit. Sie muß sich dafür rechtfertigen, dass sie ohne Kopftuch auftritt oder an einem Halbmarathon von Amman zum Toten Meer mitläuft. Sie unterstützte ein liberales Scheidungsgesetz, das Frauen einseitig die Einreichung der Scheidung ermöglicht, das aber vom konservativen Parlament bereits zweimal abgelehnt wurde. Andere Tabus konnte Ranja hingegen erfolgreich brechen: so die Thematik der „Ehrenmorde“, die Themen Gewalt in der Familie und Kindesmissbrauch – Missstände, die sie öffentlich anspricht.

Die SOS-Kinderdörfer sind ihr ein Herzensanliegen. Im Jahr 2007 weihte sie in Köln das „Queen Rania Rehabilitation Center“, in dem Kinder mit Bewegungsstörungen behandelt werden, ein. Ein neues Krankenhaus wurde in Kooperation auch in Amman gebaut – mit Wissen, made in Germany. Zahlreiche Auszeichnungen sind ihr für ihr vielfältiges Engagement verliehen worden.

Sie selbst ist sich bewußt, dass sie nicht repräsentativ für die arabischen Frauen ist, sondern zu einer privilegierten Oberschicht gehört, die zwischen zwei Kulturen hin- und herpendeln kann. Dennoch bewundern viele junge Araberinnen und Araber die Frau auf dem haschemitischen Thron, da sie dem Westen gegenüber selbstbewusst auftritt, zahlreiche Klischees durchbricht und grundsätzlich daran glaubt, dass Veränderung möglich ist. Sie baut auf die Jugend in einem Land, in dem 50% der Bevölkerung unter 25 ist, und setzt sich in besonderem Maße für deren Bildung ein. Zudem ist sie unglaublich eloquent, kontaktfreudig und schön, mit ihrem erlesenen Geschmack, dem sie mit westlicher Designermode Ausdruck verleiht, zur Stilikone und zum Darling des Westens geworden.

Sie nutzt die modernen Medien wie Twitter, Facebook und YouTube um Millionen Menschen zu erreichen und ihrer Meinung und ihren Ansichten Gehör zu verschaffen. Das Wirtschaftsmagazin Forbes zählt sie seit Jahren zu den 100 mächtigsten Frauen der Welt. Königin Ranja gehört in eine Reihe gut ausgebildeter arabischer Frauen, die sich für gesellschaftliche Reformen einsetzen und auf diese Weise das Bild der Region wirksam verändern können.

Ranja und ihr Mann, König Abdullah, sind ein modernes Königspaar auf dem jordanischen Thron. Abdullah hat eine englische Mutter. Seine Ausbildung bei der Armee hat er, wie schon sein Vater Hussein, in England sowie in Deutschland absolviert, ein Land, das er sehr schätzt und das ihm am Herzen liegt, gut kennengelernt – auch er ein westlich geprägter Monarch.  Dennoch ist er den Traditionen seines Landes verpflichtet; er hat die Macht – im Land herrscht keine Demokratie!

Seit dem 11. September 2001 setzt sich Königin Ranja für die Völkerverständigung, den Frieden zwischen Orient und Okzident ein. In ihrer Heimat geht sie vielen Menschen zu offen mit ihrer politischen Meinung um, lehnt sich zu zeitpolitischen Fragen zu sehr aus dem Fenster. Im Jahr 2014 hielt Königin Ranja eine international viel beachtete Rede, in der sie die arabischen Staaten dazu aufrief, sich entschlossener dem Terror des sogenannten Islamischen Staates zu widersetzen und damit politische Weitsicht und Mut zu beweisen.

Jordanien habe sich dem „Sirenengesang der Extremisten“, wie Königin Ranja die IS-Propaganda nannte, bisher erfolgreich widersetzt. Viele Menschen wüssten ihrer Meinung nach gar nicht, was das haschemitische Königreich und seine Bevölkerung in dieser Zeit leiste: von den Menschen, die in Jordanien leben, sei inzwischen jeder siebte Einwohner ein Flüchtling, – das entspricht einer Größenordnung, als ob Deutschland 10 Millionen Menschen aufgenommen hätte – .

Die Flüchtlinge müssen mit Wasser versorgt werden, was in einem Wüstenstaat eine große Herausforderung ist, mit Lebensmitteln, einem Dach über dem Kopf, und sei es nur ein Zeltdach, und mit Unterricht. Trotz all dieser Widrigkeiten gelingt es Jordanien, sich für Menschlichkeit, Toleranz und Solidarität einzusetzen. Königin Ranja ist durch ihr Engagement maßgeblich mitverantwortlich dafür, dass Jordanien in unruhiger Zeit und in einer unruhigen Region eine Vorbildrolle in der arabischen Welt einnimmt. Darüberhinaus unterstützt sie die 1995 begründete Initiative für den Weltweiten Marsch für Frieden und Gewaltfreiheit. In Königin Ranjas Leben war nicht vorherzusehen, dass sie einmal Königin von Jordanien werden würde. Gleichgültig, an welchen Platz einen das Leben stellt, sie ist der lebende Beweis dafür, wieviel ein einzelner Mensch mit Mut und Engagement auch in schwierigen Zeiten bewirken kann.

Ein Vorbild für jeden von uns – wir alle können handeln, jeder nach seinen individuellen Möglichkeiten!

Bilder: World Economic Forum [CC BY-SA 1.0 oder CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons

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Harriet von Behr
Harriet von Behr ist gelernte Verlagsbuchhändlerin, studierte anschließend Germanistik und Theaterwissenschaft und arbeitete während und nach dem Studium für mehrere Verlage im Lektorat. Aktuell schreibt sie u.a. für TheMan Artikel zu den verschiedensten Themen.
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