Noma – das beste Restaurant der Welt

Teile diesen Beitrag

Wenn man global denkt, gibt es im oberen Segment unzählige ausgezeichnete Restaurants, die höchsten Ansprüchen in jeglicher Hinsicht genügen. Und es stellt sich einem die Frage, welche Kriterien könnten eine Rolle spielen um zum weltbesten Restaurant gekürt zu werden. Vermutlich wird es keine eindeutige objektive Antwort geben, aber es ist lohnenswert sich mit dieser Thematik einmal auseinanderzusetzen.

Zudem darf man nicht außer Acht lassen, dass jeder Koch, der sich in dieser „Liga“ verwirklicht, nicht nur sein Handwerk beherrscht, sondern im besonderen Maße schöpferisch-kreativ, ein Künstler ist!

Wie alles begann

Das Noma ist ein Restaurant in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen und befand sich von 2003-2016 in Nordatlantens Brygge, einem ehemaligen von 1766-1767 erbauten Speicher im Stadtteil Christianshavn. Es wurde mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet und insgesamt viermal zum besten Restaurant der Welt nominiert. Der Name Noma setzt sich aus den dänischen Wörtern „nordisk“ (nordisch) und „mad“ (Essen) zusammen. Von René Redzepi, dem Küchenchef, der das Noma zusammen mit Claus Meyer begründet hat, sagt man, dass er nicht nur ein Abendessen zubereite, sondern dadurch auch die Welt verändere… 

Vor dem Jahr 2003 gab es keine „Nordische Küche“ – als die Anfrage an René Redzepi herantrat, zusammen mit seinem Kollegen ein ganz neues Konzept zu entwickeln, war er begeistert und inspiriert – das Projekt „Noma“ konnte beginnen! Es sollte eine Küche mit Zutaten ausschließlich aus den nordischen Ländern werden, inspiriert von der französischen und italienischen. Das klang zunächst absurd, aber Redzepi war fest entschlossen sein Vorhaben Realität werden zu lassen. Die Anfangszeit war hart, das Noma bekam viel Kritik und Spott, dass die Idee ja doch zum Scheitern verurteilt sei…

Eine Reise nach Grönland brachte die Wende: im Angesicht dieser einzigartigen Landschaft hatte Redzepi den entscheidenden Einfall: er würde Mahlzeiten kreieren, die offenbaren, an welchem Ort sich der Gast gerade befindet und zu welcher Jahreszeit! Dies sollte auch durch die saisonal ausgewählten Zutaten zum Ausdruck kommen. Das war seine Vision, die er von nun an verwirklichen wollte. Weggefährten sagten später über ihn: „René hat dem Norden eine nationale, kulinarische Identität gegeben. Das gab es noch nie.“ Essen verbindet die Menschen und verwandelt die Umwelt, denn durch die Aufnahme der Nahrung konsumieren wir Licht und Wetter, ein Gedanke, der für Redzepi wegweisend ist. Die Quelle, aus der er mit seiner Kreativität selber schöpft, ist Genialität! Seine Speisen entstehen intuitiv. Zunächst stellte sich der Erfolg noch nicht ein, aber mit dem ersten und zweiten Michelin-Stern war er plötzlich unter Fachleuten und Gästen akzeptiert: Kopenhagen wurde Ziel für Feinschmecker aus aller Welt.

Redzepis Küche ist ein Labor, in dem ständig Neues entsteht und wieder verworfen wird. Sie ist die Antithese zu Ferran Adriàs Molekularküche, dem Chef des spanischen Gourmettempels El Bulli. Der unaufhaltsame Siegeszug wurde 2013 radikal aufgehalten mit dem Schlimmsten, was einem Koch passieren kann: 63 Gäste erkrankten am Norovirus. Zudem bekam er den dritten Michelin-Stern nicht und das Noma hatte seinen Spitzenplatz im Ranking der besten Restaurants verloren. Doch Redzepi ließ sich nicht entmutigen, kämpfte weiter: im Jahr 2014 war es wieder „Bestes Restaurant der Welt“.

Er selber sagte später, dass es auch positive Seiten habe, nicht die Nr.1 zu sein, da z.B. die Gäste nicht mehr kämen, denen es gar nicht um das Essen, sondern nur um das Prestige ginge. 2013 war mal wieder ein Markstein in der Geschichte des Noma gewesen. Die Crew um René  Redzepi mußte sich wieder ganz neu beweisen. Seine Zähigkeit und sein Durchhaltevermögen hat er vielleicht auch seiner Herkunft zu verdanken. Sein Vater stammt aus Mazedonien, seine Mutter aus Kopenhagen, aufgewachsen ist er in einem Arbeiterviertel am Stadtrand. Der Starkoch war ihm nicht in die Wiege gelegt…

Im Jahr 2017 war das Noma geschlossen, Redzepi tourte mit dem Noma-Konzept um die Welt und verwirklichte es u.a. in Mexiko.

Die Zukunft des Noma

2018 will er neu durchstarten und das Noma wieder in Kopenhagen, unweit des alten Restauurants, in der autonomen Siedlung Christiana, eröffnen und diesmal einen Schritt weitergehen. Das Gebäude des neuen Restaurants wird 1500 Quadratmeter groß sein, zu dem ein 7000 Quadratmeter-Grundstück gehört, auf dem er Gemüse und Kräuter selbst anbauen und mit Saatgut experimentieren kann. Im neuen Noma sollen keine klassischen Menüs mehr serviert werden, die Zutaten sich mit  der Jahreszeit ändern: so gibt es im Frühling Gemüse, im Winter Fisch und im Herbst Wild und Pilze. Die Art der Präsentation soll neu gestaltet werden, z. B. kann es auf dem Tisch ein Gelage mit kompletten Elchbeinen geben.

Finanziell ist das Projekt ein großes Wagnis, da sie soviel Geld von der Bank bekommen, dass sie zwei Jahrzehnte verschuldet sein werden. „Aber nur so kommen wir voran“, sagt Redzepi. Für ihn ist das Essen eine analoge Erfahrung in einer digitalen Welt, weshalb er seinen Kollegen eine gute Zukunft prophezeit und er freut sich, dass Köche heute so viel Aufmerksamkeit bekommen. Die Menschen sehnen sich nach diesen sinnlichen kulinarischen Erfahrungen, da sie ihnen reale Erlebnisse vermitteln, denn von einem Smartphone kann man nicht abbeißen!

Er selbst ist in erster Linie leidenschaftlicher Koch, weniger Unternehmer, sonst würde er Noma-Filialen in der ganzen Welt eröffnen. Er weiß, dass er nie Millionär werden wird und freut sich, wenn er seine 80 Angestellten finanzieren kann, bei 40 Gedecken pro Service auch eine Herausforderung.

Um René Redzepi zu verstehen, muß man seine Geschichte kennen. Sie wird in dem Kinofilm „Noma“ erzählt, der am 7. Februar diesen Jahres in die Kinos kommt. Der Regisseur Pierre Deschamps begleitete Redzepi und seine Crew drei Jahre lang und beobachtete, wie hart, aber auch wie schwärmerisch Redzepi in seinem Urteil sein kann. „Wir machen winzige Babyschritte am Herd. Wir machen Fehler und wir wachsen langsam“, sagt der Starkoch.

Und die eingangs gestellte Frage läßt sich vielleicht in der Richtung beantworten, dass es in erster Linie darauf ankommt, mutig etwas ganz Neues, noch nie Dagewesenes, Individuelles in der Welt zu erschaffen – gleichgültig, ob klein oder groß: das zeichnet einen aus.

By Cyclonebill from Copenhagen, Denmark [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons

Teile diesen Beitrag
Standardbild
Harriet von Behr
Harriet von Behr ist gelernte Verlagsbuchhändlerin, studierte anschließend Germanistik und Theaterwissenschaft und arbeitete während und nach dem Studium für mehrere Verlage im Lektorat. Aktuell schreibt sie u.a. für TheMan Artikel zu den verschiedensten Themen.
Artikel: 91