Kaizen – das stetige Streben nach Verbesserung

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Kaizen ist eine japanische Managementphilosophie, die in den 50-er Jahren entstand und „Veränderung zum Besseren“ bedeutet: kai=Veränderung, Wandel – zen=zum Besseren. In den USA wird dieser Prozess „Continous Improvement Process“ (CIP) und in Europa „Kontinuierlicher Veränderungsprozess“ (KVP) genannt, denn die Verbesserung erfolgt in einer schrittweisen, punktuellen Perfektionierung oder Optimierung eines Produktes oder Prozesses. Unter Innovation versteht man eine sprunghafte Verbesserung dieser Vorgänge, unter Kaizen hingegen die kontinuierliche, d.h. in den meisten Fällen tägliche Optimierung, die dann zum Erfolg führt.

Bei dieser stetigen Verbesserung sind sowohl die Führungskräfte als auch die Mitarbeiter mit einbezogen. Entscheidend ist, dass Kaizen nicht nur irgendein Konzept ist, sondern das es von jedem soweit verinnerlicht wird, dass es zur Lebensphilosophie wird.

Wie kann man stete Verbesserung auf allen Ebenen erreichen?

  1. Perfektion des Vorschlagswesens (BVW)
  2. Investition in die Weiterbildung der Mitarbeiter
  3. mitarbeiterorientierte Führung
  4. Prozessorientierung
  5. Einführung von Qualitätsmanagement

Das Ziel ist die stärkere Identifikation des Mitarbeiters mit dem Unternehmen, was mittel- und langfristig dessen Wettbewerbsposition verbessert, denn die Kundenzufriedenheit hat oberste Priorität. Viele Ziele des Kaizen sind auf den Kunden ausgerichtet. Der Kunde definiert die Anforderungen an die Qualität eines Produktes oder einer Dienstleistung, den Lieferzeitpunkt, die Lieferart, den Service und den Preis, den er bereit ist zu bezahlen. Aus diesem Grund sind alle Aktivitäten zur kontinuierlichen Verbesserung auf den Kunden fokussiert. Im Unternehmensprozess unterscheidet man auch zwischen den externen und internen Kunden. Jeder Unternehmensbereich, jede Abteilung, jeder Mitarbeiter hat seine internen Kunden, d.h. die Mitarbeiter und Kollegen führen im übergeordneten Prozess den nächsten Prozessschritt aus. Nach dem Kaizen-Prinzip sind dies interne Kunden, die aber wie „echte“ Kunden behandelt werden.

Für die Durchführung gibt es verschiedene Wege und Methoden, im Folgenden soll eine wichtige und grundlegende dargestellt werden.

Die 5 s

Seiri – Ordnung schaffen, alles nicht Notwendige entfernen

Seiton – Ordnungsliebe: ordnen und am richtigen Platz aufbewahren

Seiso – Sauberkeit: halte Deinen Arbeitsplatz sauber

Seiketsu – persönlicher Ordnungssinn: mache die 5 s durch Festlegen von Standards zur Gewohnheit

Shitsuke – Disziplin: mache Sauberkeit und Ordnung zu Deinem persönlichen Anliegen

Die Anwendung der 5 s dient mehreren Zielen: der Produktionsprozess wird verbessert und keinen vorhersehbaren Störungen unterworfen. Die zeitraubende Suche nach unübersichtlich sortiertem Material oder unnötiges Warten wird beseitigt bzw. reduziert. Die Wahrscheinlichkeit von Arbeitsunfällen wird gesenkt.

Die 5 s in der Büroorganisation

Sie erfolgt, den Prinzipien von Kaizen gemäß, immer im Team: alle Beteiligten sind in den Prozess einbezogen.

  1. Sortieren und Selektieren, sich von unnötigem Ballast befreien und erkennen, was wirklich nötig ist; Platz für Neues gewinnen
  2. Strukturieren und sichtbare Ordnung schaffen, schneller Zugriff auf Informationen ohne Suchen und lange Laufwege
  3. dafür Sorge tragen, dass die von Ballast befreiten und neu angeordneten Bereiche „sauber“ gehalten werden, das gilt insbesondere auch für den digitalen Bereich („Datendschungel“)
  4. die neu geschaffene Ordnung zur Regel machen
  5. sichern und ständig verbessern

Um die Denkweise von Kaizen verständlich zu machen, gibt es Prinzipien, die das Denken und Handeln der Mitarbeiter leiten sollen.

Diese Prinzipien sind:

  • tägliche Verbesserungen in allen Bereichen eines Unternehmens
  • jegliche Verschwendung von Material, Zeit und Geld vermeiden
  • die Prozessschritte aus Kundenperspektive betrachten und dementsprechend die Leistung verbessern
  • Verbesserungen sind immer eine Option, ein Ende gibt es nicht
  • die fortlaufenden Verbesserungen erfolgen im Kleinen und schrittweise
  • es gibt keine Beschränkungen in Bezug auf den Anwendungsbereich; die Produkte, der Service, die Prozesse, die Tätigkeiten, die Technik, der Arbeitsplatz – man kann alles verbessern
  • es werden unterschiedliche Methoden und Werkzeuge eingesetzt; die Vorgehensweise ist entscheidend, nicht die Wirkung
  • durch die ständigen Verbesserungen werden immer höhere Standards gesetzt und dadurch zur Regel gemacht

Das Ishikawa-Diagramm (7M-Checkliste)

In diesem Fall gibt es 7 Faktoren, die immer wieder überprüft werden müssen:

  • Mensch
  • Maschine
  • Material
  • Methode
  • Milieu/Umwelt
  • Management
  • Messbarkeit

Da die Einflüsse des Managements im System und die Messbarkeit von nicht unerheblicher Tragweite sind, wurde die ursprüngliche 5M-Methode um die letzten beiden Faktoren erweitert. Das Ishikawa-Diagramm läßt sich auf alle Produktionsprozesse anwenden. 1977 wurde Kaizen bei Toyota erfolgreich angewandt und entwickelt. Heute ist die Methode auch in Europa „angekommen“ und wird von Chefs, Angestellten und Arbeitern sowohl in der Industrie als auch in der Dienstleistung genutzt. Das Motto heißt: Kein Tag ohne Verbesserungen! Unmittelbar damit verknüpft ist das Just-in-Time-Prinzip: Die Grundidee von JIT ist, dass nur produziert wird, was zur Abwicklung der angekündigten Kundenaufträge benötigt wird. Denn wenn mehr Produkte gefertigt werden, als der Kunde abnimmt, werden unnötige Lagerbestände aufgebaut. Wenn weniger produziert wird als der Kunde braucht, droht Lieferunfähigkeit. Deshalb ist die pünktliche Lieferung bei höchstmöglicher Produktqualität oberstes Ziel. In Deutschland wurde Kaizen durch die Firma Porsche, die kurz vor der Pleite stand, berühmt. Um zu überleben, mußten die Produktionsabläufe schlanker, kostengünstiger und besser werden. Und die Devise heißt stets: nicht morgen, sondern HEUTE mit der Optimierung beginnen!

Kritiker sagen, dass Kaizen zu viel Stress für die Mitarbeiter bedeute, die Befürworter hingegen, es helfe, besonders in Krisenzeiten, Arbeitsplätze zu sichern, da es dazu beitrage, die Unternehmen erfolgreicher zu machen.

Produktionsoptimierung - Kaizen

Personalführung in der Kaizen-Kultur: coachen, unterstützen, wegweisen

Die Rolle des Vorgesetzten ändert sich in der Kaizen-Kultur grundlegend. Sie setzt auf die Mitwirkung und Motivation der Mitarbeiter, d.h. es wird ein Führungsverständnis gefordert, das die Mitarbeiter mitnimmt und unterstützt.

  • Die Notwendigkeit und den Nutzen aller Maßnahmen müssen die Führungskräfte an die Mitarbeiter herantragen und die Philosophie selbst aktiv vorleben (Vorbildfunktion).
  • Offene Fehlerkultur im Unternehmen; es geht nicht darum,  ineffiziente Mitarbeiter oder sog. Schuldige zu suchen, sondern wertfrei Fehler aufzudecken und zu vermeiden. Die Probleme müssen in einer positiven Atmosphäre offen angesprochen werden dürfen, damit sich Veränderungspotenziale offenbaren können.
  • Die Strukturen und Prozesse der Kaizen-Kultur müssen durch die Vorgesetzten gepflegt bzw. die Rahmenbedingungen klar definiert werden. Für das Unternehmen muß ein ganzheitlicher Ansatz erarbeitet und effektiv kommuniziert werden. Die Mitarbeiter werden nicht geführt, sondern gecoacht und unterstützt.

„Kaizen ist sehr viel mehr als nur ein Ereignis; es ist eine Philosophie, eine Denkweise, und ein unabdingbares Werkzeug, um strategische Imperative auszuführen und Wertstrom/Prozessveränderungspläne umzusetzen, so dass schließlich bahnbrechende Performanceergebnisse verzeichnet werden können.“ Mark R. Hamel

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Harriet von Behr
Harriet von Behr ist gelernte Verlagsbuchhändlerin, studierte anschließend Germanistik und Theaterwissenschaft und arbeitete während und nach dem Studium für mehrere Verlage im Lektorat. Aktuell schreibt sie u.a. für TheMan Artikel zu den verschiedensten Themen.
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