Wie man Freunde gewinnt

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Wenn man ein Netzwerk braucht, muß es schon da sein.

Ute Blindert, Coach

Freundschaft ist ein fragiler Begriff und es lohnt sich, ihn sehr differenziert zu betrachten. Zunächst einmal gilt es zu unterscheiden, welche Arten von Freundschaften es gibt und welche Menschen wir überhaupt als Freunde betrachten können oder ob sie vielleicht doch eher zu den Bekanntschaften zählen. Darüber hinaus ist es auch von Interesse sich über die Art und Weise bzw. die vielfältigen Möglichkeiten des Zustandekommens von Freundschaften Gedanken zu machen. Nicht zuletzt müssen wir zwischen privaten und Geschäftsfreunden sorgfältig unterscheiden.

Manche Menschen haben es grundsätzlich schwer, Freunde zu gewinnen: das kann vielfältige Gründe haben, und es gibt viele Ratgeber, die einem diesen Prozeß erleichtern sollen, aber es ist ausgesprochen hilfreich, sich in diesem Fall ein Bild aus dem Tierreich vor Augen zu führen. Können Sie sich vorstellen, das es einem Dompteur einfallen würde, einen ihm anvertrauten Löwen mit Druck, Zwang oder Kritik zu seinen Aufgaben zu bewegen so wie das manche Menschen bei ihren Mitmenschen versuchen? Er würde umgehend kläglich scheitern. Durch positive Anreize und Belohnungen, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, wird er sein Ziel erreichen, nämlich, dass der Löwe in seinem Sinne handelt.

Vor bald 100 Jahren schrieb der amerikanische Kommunikations- und Motivationstrainer Dale Carnegie das Buch „Wie man Freunde gewinnt“, das rasch zum Bestseller avancierte und bis heute in diesem Bereich zu den wichtigsten Büchern zählt und mit einigen Abstrichen an Gültigkeit nichts verloren hat. 

In Zeiten, in denen die Familie auf dem Prüfstand steht, haben Freundschaften zunehmend an Bedeutung gewonnen. In ihnen sucht man Verbindlichkeit, Geborgenheit und Verlässlichkeit, aber wir wollen auch unsere Identität bewahren und uns nicht verstellen müssen.

Es gibt einiges Grundsätzliche im Umgang mit Menschen:

  1. Kritisiere nicht, verurteile nicht und beschwere Dich nicht.
  2. Verteile großzügig Deine Anerkennung 
  3. Erwecke Sehnsüchte und Wünsche im anderen Menschen.

Was kann ich selber tun um gemocht, geschätzt, geliebt zu werden? 

  1. Lächeln öffnet die Türen.
  2. In jeder Sprache ist der Name des anderen das wichtigste Wort um eine Verbindung herzustellen.
  3. Es ist wichtig ein guter Zuhörer zu sein und den anderen zu ermutigen, über sich zu sprechen.
  4. Entwickeln Sie ein ernsthaftes Interesse für den anderen Menschen.
  5. Sprechen Sie in Worten, die der Andere versteht und benutzen Sie Worte aus seiner Welt und seinen Interessensgebieten. 
  6. Sorgen Sie dafür, dass sich der Andere wichtig fühlt und seien Sie davon auch selber überzeugt.

Wie gewinne ich Menschen für meine Ansichten?

  1. Mit Streit oder Druck werden wir unser Ziel niemals erreichen.
  2. Es empfiehlt sich, stets wohlwollend anzufangen.
  3. Respektieren Sie die Meinungen anderer. Nie sagen: „Da liegen Sie vollkommen falsch.“
  4. Wenn Sie selbst falsch liegen, geben Sie es möglichst schnell und auf emphatische Weise zu.
  5. Lassen Sie den Anderen die meiste Zeit sprechen.
  6. Versuchen Sie, die Situation aus der Sicht des Anderen zu sehen.
  7. Appellieren Sie an seine ehrenhaften Motive.
  8. Kommunizieren Sie Ihre Ideen lebhaft und zeigen Sie wie wichtig sie Ihnen sind.

Wie man Menschen führt und beeinflusst ohne sie anzugreifen oder zu verstimmen.

  1. Beginnen Sie immer mit aufrichtiger Wertschätzung und Lob.
  2. Lassen Sie stets den Anderen sein Gesicht wahren.
  3. Machen Sie ihn nur indirekt auf seine  Fehler aufmerksam.
  4. Sprechen Sie zuerst über Ihre eigenen Fehler, bevor Sie über die Fehler des Anderen kommunizieren.
  5. Stellen Sie Fragen statt Anweisungen zu geben.
  6. Verschaffen Sie dem anderen ein Ansehen, dem er gerne gerecht werden will.
  7. Lassen Sie es einfach aussehen, einen Fehler zu korrigieren, indem Sie ihn ermutigen und unterstützen.
  8. Sorgen Sie dafür, dass der Andere glücklich und zufrieden ist, wenn er das Richtige tun kann.

Manche der oben genannten Punkte sind vielleicht vor allem im Berufsleben relevant, die meisten sind jedoch universell und heute wichtiger denn je: wir brauchen nicht noch mehr Druck, sondern mehr Freiheit, Wertschätzung und Herzlichkeit.

Wie lernen wir uns kennen und wie entstehen Freundschaften?

In diesem Bereich gibt es unzählige Möglichkeiten. Manche Menschen lernen sich schon in der Schule kennen und bleiben ein Leben lang zusammen, erleben alle Höhen und Tiefen gemeinsam.

Andere wiederum finden beim Ausüben eines Hobbys zueinander oder im Berufsleben werden häufig aus Kollegen Freunde. Und manchmal hält das Schicksal noch ganz andere, manchmal außergewöhnliche Optionen bereIt: so befreundete sich z.B. der Hauptpolizeikommissar Dieter Beutel, nachdem er 27 Jahre später im Ruhestand war, mit dem „Ausbrecherkönig“ und Kokaindealer Detlef Kowalewski: er hatte von Anfang an hinter der Fassade den Menschen erkannt! 

Jenseits der Sympathie füreinander erkennt man auf einer anderen Ebene instinktiv, welche Menschen einem hilfreich zur Seite stehen und unterstützen können, in welchem Bereich auch immer. 

Was unterscheidet Frauen- von Männerfreundschaften?

In der Regel hat man eine Handvoll guter Freunde bzw. Freundinnen, die auch in Notzeiten zueinander stehen und auf die man sich verlassen kann. Frauen suchen meist Freundinnen, mit denen sie alles besprechen können: da wird kaum ein Thema ausgelassen.

Männer haben es meist schwerer, auch in ihr Inneres blicken zu lassen – sie sprechen dann lieber über den Beruf, Politik, Hobbys und dergleichen mehr. Oft haben sie einen Freund für ein bestimmtes Thema…aber auch unter Männern gibt es d e n besten Freund wie bei Frauen die beste Freundin, umso schmerzlicher, wenn solche Beziehungen manchmal auch in die Brüche gehen. Selbst wenn es nur wenige glauben: es gibt stabile Freundschaften zwischen Mann und Frau, in denen Sex keine Rolle spielt.

Selbstverständlich kann man auch einmal aus seiner Komfortzone heraustreten und aktiv Freunde suchen. Da müssen wir vielleicht über unseren eigenen Schatten springen und uns etwas trauen.

Nach einem ersten Kennenlernen gilt es vor allem, die Freundschaft zu intensivieren, zu vertiefen und langfristig zu pflegen – das erfordert Zeit und Energie. Aber beides ist gut investiert! 

  1. Man kann diejenige Person in den sozialen Medien suchen und anschreiben.
  2. Wenn Sie jemanden im Internet kennengelernt haben, sollte man den Kontakt möglichst bald real werden lassen. Denn die wahren Freundschaften finden nach wie vor im realen Leben statt.
  3. Eine Absage sollte man realistisch bewerten, auch aus dem Grund, dass wir es nicht sofort als persönliche Ablehnung interpretieren.
  4. Es lohnt sich, mutig zu sein und den ersten  Schritt zu machen und den anderen nach einem Treffen zu fragen, denn nur so kann sich die Beziehung weiterentwickeln. Oft ist noch ein zweites und drIttes Treffen nötig. Wie man das jeweils gestaltet, muß man abspüren.
  5. Am Anfang sollte man nicht allzu viele Erwartungen haben und der neuen Beziehung Zeit geben und sie sich in Ruhe entwickeln lassen. Wahre Freundschaft, die auf Geborgenheit und Vertrauen basieren soll, entsteht selten von heute auf morgen.
  6. Überprüfen Sie Ihre eigenen Vorstellungen in Beziehung auf Freundschaft. Zu hohe Erwartungen können das Gegenüber nämlich schnell überfordern. Die Gefahr, enttäuscht zu werden, ist dann groß. Deshalb lohnt es sich in dieser Beziehung realistisch zu bleiben.
  7. Nehmen Sie den anderen Menschen so an wie er ist und versuchen Sie nicht, ihn nach den eigenen Wünschen zu manipulieren. Kein Mensch ist ohne Macken.
  8. Jeder wünscht sich Wertschätzung und Anerkennung und es ist wichtig, diese in einer Freundschaft zu bekommen, aber ebenso zu geben. Schwierig wird es allerdings , wenn wir darauf angewiesen sind um uns selber wertvoll zu fühlen.Seien Sie sich selber ein guter Freund – dann wirken Sie auch auf andere viel selbstbewusster und können entspannt neue Freundschaften schliessen.
  9. Es ist wichtig in einer wahren Freundschaft sich gegenseitig aufrichtiges Interesse zu zeigen. Das kann durch das Stellen von richtigen Fragen geschehen und anschließend durch entsprechendes Zuhören und Reagieren.
  10. Lassen Sie das Handy mal in der Tasche und konzentrieren Sie sich ganz auf Ihr Gegenüber. Dadurch schenkt man dem anderen Menschen die volle Aufmerksamkeit und ist viel emphatischer. Das tut ihm gut und er fühlt sich wohl.
  11. Merken Sie sich wichtige Termine, Vorlieben und Ereignisse aus dem Leben des anderen Menschen. Das überrascht ihn und er wird positiv berührt. Sie können es sich auch aufschreiben, sollten das aber nicht offenbaren.
  12. Abwechslung tut jeder Freundschaft gut. Es kann sinnvoll sein, mal die gewohnten Bahnen zu verlassen und etwas völlig Neues auszuprobieren. Gemeinsame Erlebnisse verbinden und lassen uns näher zusammenrücken.
  13. Seien Sie ehrlich zueinander und leben Sie Ihre eigenen Werte. Es ist wahre Freundschaft sich so zu zeigen wie man ist und auch den anderen mit seinen Gefühlen und Gedanken kennenzulernen.
  14. Seien Sie für den anderen da und spüren Sie ab, wann der andere Unterstützung braucht. Respektiere aber auch, wenn der andere das Angebot ablehnt und biete selbst nur so viel an wie Du bereit bist zu geben.
  15. Es lohnt sich Störendes direkt anzusprechen, denn es gibt kaum Beziehungen, in denen es nicht auch mal zu Streitigkeiten und Missverständnissen kommt. Immer Ich-Botschaften senden und keineVorwürfe machen, denn diese belasten die Beziehung. Nur so kann ein wertschätzender Austausch entstehen und man fühlt sich wohl und geborgen.
  16. Geschenke erhalten die Freundschaft, aber das muß nicht nur zum Geburtstag und zu Weihnachten sein. Kleine spontane Aufmerksamkeiten zwischendrin, materiell oder immateriell, die der aktuellen Situation entsprechen, erhalten die Freundschaft.
  17. Wir alle machen Fehler. Jeder wird einmal enttäuscht oder enttäuscht einen anderen Menschen. So geschieht das auch in Freundschaften. Wenn wir dem anderen, vielleicht auch unbewußt, den Fehler aber dauerhaft nachtragen , dann belastet das die Beziehung. Da gilt es zu verzeihen, denn dann kann man das Geschehene loslassen und wieder in die Zukunft schauen und die Freundschaft kann daran wachsen.
  18. Grundsätzlich kann eine Freundschaft, gleich einem Blumenbeet, am besten gedeihen, wenn wir nicht ständig aneinander herumkritisieren, sondern vielmehr mehr dem anderen Anerkennung, Wertschätzung und Dankbarkeit entgegenbringen. Denn alle positiven Erfahrungen, die wir in einer Freundschaft machen, sind nicht unbedingt selbstverständlich. Und es ist wichtig, stets authentisch zu bleiben, nur dann kann es der Andere ebenso wertschätzen und akzeptieren.

Schon Friedrich Schiller sprach in seiner Ode an die Freude „Wem der große Wurf gelungen, eines Freundes Freund zu sein;“…was im Grunde ausdrückt, wie wertvoll und einzigartig eine Freundschaft ist.

Im Gegensatz zur Familie sind Freunde Menschen, die wir uns aussuchen können. Wir entscheiden selbst, wen wir sympathisch finden, wem wir vertrauen und mit wem wir unsere wertvolle Zeit verbringen wollen. Und: Jede Freundschaft ist individuell, wie zwei Menschen sie gestalten und sich darin wohl fühlen.

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Harriet von Behr
Harriet von Behr ist gelernte Verlagsbuchhändlerin, studierte anschließend Germanistik und Theaterwissenschaft und arbeitete während und nach dem Studium für mehrere Verlage im Lektorat. Aktuell schreibt sie u.a. für TheMan Artikel zu den verschiedensten Themen.
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