Wie kommt man mit schwierigen Menschen aus?

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Wen wir als einen schwierigen Menschen empfinden, ist ja zunächst einmal eine subjektive Entscheidung. Oder gibt es objektiv schwierige Menschen? Kann man den Umgang mit ihnen trainieren? Und können wir verstehen lernen, was sich hinter den verschiedenen Ausprägungen eines schwierigen Menschen verbirgt? Jeder von uns kennt z.B. die Spezies der Besserwisser, Nörgler und Querulanten sowie den Choleriker und den Blender sowohl im Privat- als auch im Berufsleben.

Jeder von uns hat aber ebenso ein Quentchen all dieser Eigenschaften in sich und in dem Moment, in dem uns unser Gegenüber diese durch sein Verhalten gewissermaßen spiegelt, fühlen wir uns genervt bzw. gestört.

Viele dieser Verhaltensweisen werden schon in der Kindheit geprägt und der Mensch, der sich in der entsprechenden Weise verhält, hat diese Botschaften verinnerlicht und empfindet sie ja als positiv bzw. erhofft sich die Anerkennung und Zuwendung seiner Mitmenschen. Der Besserwisser hat z.B. in der Regel gelernt: “Du wirst besonders geliebt, wenn Du etwas besser weißt oder besser kannst.“ Er bemerkt in der Regel nicht, dass ein Übermaß seines Verhaltens dann eher das Gegenteil bewirkt.

Die Anerkennung und die Liebe der Mitmenschen zählt zu unseren Grundbedürfnissen. Dasselbe wie für den Besserwisser gilt auch für einen Nörgler oder Querulanten. Er empfindet die Nörgelei als etwas Wunderbares, als eine Eigenschaft, mit der er die Welt retten kann. Ein Choleriker wiederum konnte in der Vergangenheit seine Interessen oft mit Schreien, Brüllen oder Poltern durchsetzen.

Wenn man die Hintergründe solcher Eigenschaften bzw. Verhaltensweisen erkennt, ist man in der Lage, vieles nicht mehr persönlich zu nehmen und kann somit souverän mit seinem Gegenüber umgehen.

Vom Umgang mit verbalen Angriffen

Es gibt Menschen, die einen aus den unterschiedlichsten Gründen verbal attackieren und ehe man sich versieht, befindet man sich mitten im Konflikt. Man darf aber dabei nicht übersehen, dass die Ursache nicht immer unbedingt beim anderen liegt. Manches Mal sind wir es auch eine übersensible Reaktion von uns selbst, die es uns schwer macht, mit unserem Gegenüber auszukommen.

Gründe, warum wir uns angegriffen fühlen:

  • wir fühlen uns im Recht und der andere behauptet das Gegenteil
  • wir fühlen uns durch Kritik angegriffen
  • wir werden für etwas beschuldigt, woran wir keine Schuld zu haben glauben
  • wir sind uns keiner Schuld bewusst und werden gerügt
  • der andere hat deutlich Grenzen überschritten: er hat sich im Ton vergriffen oder unsere Stellung innerhalb der Hierarchie nicht beachtet
  • manchmal kann es auch passieren, dass in uns Themen aktiviert werden, die uns selbst noch nicht bewusst waren, dass sie in uns arbeiten.

Ein verbaler Angriff kann aber auch unserer Selbsterkenntnis dienen und somit auch einen positiven Effekt beinhalten. Folgende Fragen können dabei helfen, den eigenen unbearbeiteten Themen auf die Spur zu kommen.

  • Warum fällt es mir in dieser Situation so schwer, die emotionale Distanz zu bewahren?
  • An wen erinnert mich dieser Mensch?
  • Gibt es unerledigte Themen mit demjenigen, dessen Erinnerung bei mir aktiviert wird?
  • Wodurch genau fühle ich mich angegriffen – ist das bei mir öfters der Fall?
  • Wie könnte ich es schaffen, in Zukunft ruhiger zu bleiben? Welche Fähigkeiten muß ich da entwickeln?
  • Welche Vorstellung habe ich, wie ich es schaffe, mit einem solchen Angriff umzugehen?

Dennoch: Es kann hilfreich sein, sich all diese Fragen zu stellen, aber nicht in jedem Fall: denn es gibt zahlreiche Menschen, die sind einfach schwierig. Ihnen kann man nichts recht machen, sie sind ungerecht und aggressiv und gehen auf einen los (mit oder ohne Grund) – oft sind sie schlecht gelaunt und können ausgesprochen gemein werden.

Und bei all dem darf man nicht vergessen, dass man selber manchmal auch schlechte Tage hat, an denen man für seine Umwelt einfach ungenießbar, d.h. schwierig ist!

Neben all den genannten Personen gibt es aber auch noch Menschen, die auf den ersten Blick nicht schwierig erscheinen, aber es dennoch sind: die Harmoniebedürftigen. Das klingt zunächst positiv, aber die Problematik besteht darin, dass die Harmonie nur vorgetäuscht wird, denn ein harmoniesüchtiger Mensch ist in der Weise geprägt, sich nicht aufzuregen, keinen Konflikt zuzulassen und keinesfalls etwas Negatives einzubringen: er stellt die Harmonie über alles, möchte aber letztendlich doch seine Ziele durchsetzen. So ist dann vordergründig alles in Ordnung, aber im Hintergrund beschwert man sich und gibt den anderen die Schuld, dass nicht alles zur eigenen Zufriedenheit verlaufen ist und stellt sich als Opfer dar. Das kann für die Mitmenschen sehr anstrengend sein.

Sowohl im Berufs- als auch im Privatleben ist es aber erforderlich, mit schwierigen Menschen auszukommen bzw. zusammenzuarbeiten. Freunde kann man sich in den meisten Fällen aussuchen, Kollegen oder Familie selten oder gar nicht.

Es gibt jedoch ein paar Taktiken, die hilfreich sind und das Zusammenleben entscheidend erleichtern und verbessern können.

Nicht persönlich nehmen 

Insbesondere bei den Besserwisserattacken heißt die Devise: nichts persönlich nehmen! Denn der Besserwisser denkt vermutlich gar nicht darüber nach, ob es der andere weiß oder nicht, er lebt nur seine spezifische Charaktereigenschaft aus. Reagiert der andere entsprechend aggressiv, eskaliert die Situation, die Kommunikation gerät in eine negative Spannung: der Gegenangriff ist vorprogrammiert – eine neue Eskalationsstufe erreicht!

Gut zuhören

Die wenigsten Menschen können gut zuhören, vor allem wenn es sich um einen schwierigen Gesprächspartner handelt. Es ist ausgesprochen hilfreich, sich zunächst einmal auf seinen Gesprächspartner zu konzentrieren und nicht darauf, was man selbst als Nächstes sagen möchte.

Wenn er gerade in Rage ist, empfiehlt es sich, sich mit affirmativen Bemerkungen zurückzuhalten, da dies die Angelegenheit meistens nur noch schlimmer macht. Stattdessen sollte man lieber gezielt nachfragen um den anderen Menschen besser verstehen zu können.

Aus dem Weg gehen

Wenn alles nichts hilft, ist es wahrscheinlich besser, dem anderen aus dem Weg zu gehen. Das kann aus Gründen des Eigenschutzes sehr hilfreich sein. Vielleicht kann man auch andere bitten, sich der Thematik anzunehmen und zu helfen.

Sich nicht klein machen

Im Umgang mit schwierigen Menschen ist es wichtig, die eigene Integrität zu wahren und sich auf keinen Fall klein zu machen, denn: „Wer aufrecht geht, dem wird auch mehr Respekt entgegengebracht.“ Und in Extremsituationen, in denen Grenzen überschritten werden, müssen manchmal deutliche Grenzen gezogen werden: „Rede nicht so mit mir!“ – 

Aber schüren Sie das Feuer auch nicht.

Provozieren Sie nicht und lassen Sie sich nicht provozieren. Das schwächt Ihre eigene Position und verbessert sie nicht im Geringsten.

Wenn Ihr Gegenüber Sie anschreit, geben Sie eine ruhige Antwort. Das verblüfft den Schreienden, denn damit hat er nicht gerechnet und die Situation hat eine Chance zu deeskalieren. Das Ziel sollte es sein, über den Ärger und nicht im Ärger zu sprechen.

Wahren Sie stets die Form und den guten Ton

Ihre Argumente werden nicht besser, wenn Sie laut werden, eher sind sie der Beweis für Ihre Hilflosigkeit und Ihre fehlende Selbstbeherrschung. Und wenn Ihr Gesprächspartner nicht souverän ist, wird er die Situation ausnützen und den Druck, den Sie auf ihn ausüben gegen Sie verwenden. Souveräne Menschen haben es nicht nötig laut zu werden – unbeherrschtes Schreien offenbart nur Ihre schlechte Erziehung und mangelnde Selbstbeherrschung! Zudem verlieren Sie Ihre Achtung, Ihr Ansehen und den  Respekt Ihrer Mitmenschen.

Und nicht zuletzt: Gewalt erzeugt immer Gegengewalt und das ist dann der Beginn einer Spirale.

In einer Auseinandersetzung sollte man immer Ich-Botschaften verwenden, denn dadurch übernimmt man die Verantwortung für sein eigenes Handeln, und macht sein Gegenüber nicht für die eigenen Gefühle verantwortlich.

Denkpausen einrichten

Bevor eine Situation eskalieren kann, ist es unter Umständen hilfreich, innerlich und äußerlich einen Schritt zurückzutreten: „So kommen wir nicht weiter. Lassen Sie uns eine halbe Stunde Pause machen und dann weiterreden.

Manchmal kann es auch helfen, in dieser Pause etwas zu essen und zu trinken, denn gemeinsam zu essen, schafft fast immer eine verbindende Stimmung.

Ein Vertrauensvorschuss für den Gesprächspartner

Viele Schwierigkeiten lassen sich auf die Muster zurückführen, die schon in der Kindheit geprägt wurden und ein schwieriger Mensch hat dort gelernt, wie er sich gegen die Widrigkeiten durchsetzen konnte. Deshalb geben Sie Ihrem Gesprächspartner einen Vertrauensvorschuss und signalisieren Sie ihm, dass Sie ihn für einen grundsätzlich vertrauenswürdigen Menschen halten.

Das wird ihn verblüffen, aber er wird sich vermutlich darauf einlassen, weil es ihn aus der Situation seiner bisherigen Erfahrungen herausführt.

Das Gesicht wahren

Bei Auseinandersetzungen ist es immer wichtig, dass beide Parteien ihr Gesicht wahren können – das zeugt von Anstand und Manieren. Man sollte niemals sein Gegenüber beleidigen, herabsetzen, demütigen oder bloßstellen – vor allem nicht vor Mitmenschen. Das ist eine schwere Verletzung, die Ihnen Ihr Gesprächspartner auf keinen Fall vergessen wird. Zudem zeugt es vom niedrigen Niveau Ihrer Gesinnung und da man sich im Leben immer zweimal sieht, ist es immer gut, dem anderen in anständiger bzw. guter Erinnerung zu bleiben.

Fehler sofort zugeben

Wenn Sie einen Fehler, der auf Ihr Konto geht, gleich zugeben und um Entschuldigung bitten, verschaffen Sie sich selbst Erleichterung und die Situation wird weniger eskalieren als wenn Sie den Fehler verbergen. Denn: ein Einsichtiger steht immer besser da als ein Unbelehrbarer!

Der Umgang mit schwierigen Menschen wird eine lebenslange Herausforderung sowohl für unsere Intelligenz, unsere Toleranz, unser Einfühlungsvermögen, unsere Kooperationsbereitschaft als auch für unseren Willen zum Frieden darstellen .

Im Gegenzug werden wir jedoch mit Selbsterkenntnis, einem gesteigerten Selbstwertgefühl, menschlicher Reife und die Wertschätzung unserer Mitmenschen belohnt. 

Doch wenn wir uns bewusst und aktiv mit den Schwierigkeiten unserer Mitmenschen auseinandersetzen, werden wir entdecken, dass in jedem Menschen ein Diamant verborgen ist.

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Harriet von Behr
Harriet von Behr ist gelernte Verlagsbuchhändlerin, studierte anschließend Germanistik und Theaterwissenschaft und arbeitete während und nach dem Studium für mehrere Verlage im Lektorat. Aktuell schreibt sie u.a. für TheMan Artikel zu den verschiedensten Themen.
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