Warum schafft es Europa nicht, ein eigenes Silicon Valley aufzubauen?

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Das Silicon Valley in der San Francisco Bay Area in Kalifornien gehört zu den bedeutendsten Wirtschaftsstandorten der Welt. In dieser Gegend, in der gerade einmal 0,1% der Weltbevölkerung leben (ca. 3 Millionen), entstehen aber gleichzeitig die wertvollsten Unternehmen der Gegenwart. Unternehmen wie Apple, Google oder Tesla finden in genau dieser Gegend die idealen Bedingungen vor um ihr Potential im vollen Umfang entfalten zu können.

Das Silicon Valley ist geradezu ein Magnet für Jungunternehmer, die eine Idee haben und nach deren Verwirklichung streben. Bei den Start-Ups handelt es sich um skalierbare Geschäftsmodelle. Das bedeutet, dass eine Idee mit im Verhältnis geringem Zuwachs an Ressourcen (Mitarbeiter, Büros etc.) global ausgerollt und sehr profitabel werden kann. Gute Beispiele hierfür sind die Unternehmen Airbnb oder Uber. Die Plattform Airbnb, die das Hotelgewerbe revolutioniert hat, ist mittlerweile mehr wert als die Hotelkette „Hilton“, obwohl es sich lediglich im eine digitale Anwendung handelt. Das Gleiche gilt für den Giganten Uber, der insbesondere in der jüngeren Generation de facto das Taxifahren abgeschafft hat und das mit lediglich einer App für das Smartphone.

Die Liste der Unternehmen lässt sich endlos ergänzen, Facebook beispielsweise mit seinen aufgekauften Firmen Whats App und Instagram hat Zugang zu unendlichen Daten, die das Verhalten der User widerspiegelt und eine ideale Werbefläche für Unternehmen darstellt. Amazon ist derzeit auf dem besten Weg unser Einkaufsverhalten zu revolutionieren und niemand weiß, ob es den Supermarkt, in dem wir heute noch selbstverständlich einkaufen, in Zukunft noch geben wird. Vielleicht legt uns schon in wenigen Jahren eine Amazon-Drohne unseren Wocheneinkauf vor die Tür, in den USA laufen die ersten Tests bereits. Der Prozess ist auf der einen Seite schleichend, da wir mit der Entwicklung mitwachsen, auf der anderen Seite aber beängstigend schnell. Die Anzahl der Leute, die beispielsweise im Einzelhandel oder der Gastronomie arbeiten, fällt rapide. McDonalds ersetzt seine Mitarbeiter durch Selbstbedienungsterminals und Amazon schafft den Supermarkt ohne Mitarbeiter. Elon Musk, der Berufsentrepreneur, entwickelt selbstfahrende LKWs, die langfristig den Beruf des Truckers überflüssig machen, immerhin der größte Beschäftigungssektor in den USA. Selbstverständlich gibt es auch digitale Start-Ups in Europa wie zum Beispiel das Münchner Start-Up Freeletics, das das Fitnessstudio überflüssig macht oder der Musik-Streamingdienst Spotify aus Schweden.

Doch warum kommt der Großteil der innovativsten Unternehmen aus den Vereinigten Staaten und was kann Europa tun um selber so erfolgreich zu werden? Wollen wir in Europa nicht den Anschluss verlieren, müssen wir es schaffen zu der Innovationskraft der Vereinigten Staaten aufzuschließen.

Verschiedene Faktoren führen zum Erfolg in den USA im allgemeinen und im besonderen im Silicon Valley. Grundsätzlich kann man sagen, dass im Land der unbegrenzten Möglichkeiten eine andere Kultur des Scheiterns herrscht: die allgemeine Akzeptanz auch einmal mit einer Idee zu scheitern ohne weitreichende soziale Konsequenzen tragen zu müssen, wie es beispielsweise in Deutschland der Fall nach einer Insolvenz ist, fördert die Risikobereitschaft. Viele junge Menschen wählen daher in Europa eher den sicheren Einstieg bei einem Großunternehmen anstatt es zu wagen eine eigene Idee in die Praxis umzusetzen. Ein weiterer Punkt ist die Finanzierung von Unternehmen. Fernsehsendungen wie z.B. die „Höhle der Löwen“ erfreuen sich zwar immer größerer Beliebtheit und zeigen die Bedeutung von Business Angels und Venture Capital auf; trotzdem wird der Großteil der Unternehmen, die in Europa gegründet werden, von Banken finanziert, die gewöhnlich größere Sicherheiten haben wollen, die von kleinen Unternehmen nicht erfüllt werden können. Eine Zerstreuung von Unternehmen über den ganzen Kontinent erschwert auch das gemeinsame Arbeiten von kleinen Unternehmen mit Großunternehmen, was aber unbedingt notwendig ist um den Zugang zu Wissen zu erleichtern. Zudem sind in Kalifornien mitunter die besten Universitäten des ganzen Landes angesiedelt, die den Unternehmen einen kontinuierlichen Strom aus sehr gut ausgebildeten Arbeitskräften ermöglicht.

San Francisco

Das Tech-Europa von morgen

Was muss also in Europa getan werden um eine konkurrenzfähige Start-Up-Szene aufzubauen, die die Giganten von morgen hervorbringt. Der Kontinent im allgemeinen hat eine große Anzahl an sehr gut ausgebildeten Menschen aus den verschiedenen Disziplinen. Die Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalfreizügigkeit in der EU sind zudem Grundvoraussetzungen um eine zukunftsorientierte und funktionierende Landschaft für Unternehmen in Europa aufzubauen. Aufkommende nationalistische Strömungen innerhalb der EU werden von Investoren mit großer Sorge beobachtet und riskieren den Zufluss an notwendigem Kapital. Die ausgesprochen hohe Lebensqualität in Europa mit hochentwickelten Sozialsystemen macht den Standort zudem für Ausländer attraktiv und stellt eine Grundvoraussetzung für den Zuzug hoch qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland dar. Außerdem ist das geringere Lohnniveau im Vergleich zu den Vereinigten Staaten für Investoren interessant.

Die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Zukunft sind also gegeben. Trotzdem kann ein allgemeiner Trend beobachtet werden. Viele innovative europäische Firmen werden verkauft und geraten so unter die Kontrolle ausländischer Investoren wie z.B. der USA. Unterschiedliche Steuersysteme und vergleichsweise hohe bürokratische Hürden machen es Jungunternehmern zusätzlich schwer. Zudem ist der Zugang zu Kapital für junge, aber hochinnovative Start-Ups vergleichsweise schwierig. Eine Konzentration junger Unternehmen kann nur an wenigen Standorten derzeit beobachtet werden wie beispielsweise in Berlin. Es müssten also mehr Anstrengungen unternommen werden um die Bildung von sogenannten Innovation-Hubs zu fördern. Eine weitere Integration gesetzlicher Anpassung zwischen den Ländern der europäischen Union sowie der Ausbau von Infrastruktur, insbesondere des Internets auch in strukturell schwächeren Gegenden des Kontinents, würden das zusätzlich begünstigen.

Der Wohlstand von Ländern hängt nicht vom Zugang zu materiellen Ressourcen ab. Es ist die Innovationskraft in Zeiten der Digitalisierung, die den Erfolg von morgen bestimmt.

Das Bündeln von verschiedenen Stärken und der Wille gemeinsam die Zukunft zu gestalten wird der erfolgreiche und nachhaltige Weg für Europa sein. Jedes europäische Land alleine kann in der extrem wettbewerbsorientierten Welt der Zukunft nur sehr bedingt mithalten. Der Leitspruch der EU „In Vielfalt geeint“ zusammen mit der Umsetzung der Rahmenbedingungen für hochinnovative Unternehmen könnte Europa wieder an die Spitze bringen.

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TheMan
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