Am 8. Dezember wird in Hamburg der Vorsitz des Bundestages neu gewählt. Im Vorfeld gab Angela Merkel überraschend bekannt, dass sie nicht mehr kandidieren werde. Ziemlich zeitnah wurden drei Kandidaten bekannt, die sie gerne in ihrem Amt ablösen würden: die Generalsekretärin der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, der Gesundheitsminister Jens Spahn und, vollkommen unerwartet, der ehemalige Fraktionsvorsitzende der CDU, Friedrich Merz. Dieser hatte sich 2009 nach diversen Auseinandersetzungen mit Angela Merkel, in denen er unterlegen war, aus der Politik verabschiedet. In den vergangenen Jahren hat sich der Jurist intensiv und erfolgreich wieder der Wirtschaftswelt zugewandt. Und es verwundert nicht, dass sein plötzliches Auftauchen quasi aus der Versenkung von manchen sehr kritisch beobachtet wird, verbunden mit der Frage: „Was hat er eigentlich vor?“ Will er sich mit diesem Amt den Weg in die Kanzlerschaft ebnen?“ Kann ein Mann, der mittlerweile über ein unglaublich gutes Netzwerk in der Wirtschaft verfügt, wirklich die Probleme der Bevölkerung verstehen und ihnen gerecht werden? Hat er sich in all den Jahren nicht bereits zu weit von der Politik entfernt?
In der Pressekonferenz vom 31.10.2018 nimmt Friedrich Merz dezidiert Stellung zu vielen dieser Fragen und erläutert auch die Tatsache, wie er sich eine Zusammenarbeit mit Angela Merkel vorstellt.
Wie auch immer man ihm gesonnen sein mag, seine Schlagfertigkeit und Eloquenz sind beeindruckend und beschäftigt man sich mit seiner Biographie, ist dies schon seit seinen Jugendtagen relevant. Nach der Meinung von Merz braucht die CDU in ihrer aktuellen Situation Aufbruch und Erneuerung, aber keinen Umsturz. Sie hat vielmehr die Aufgabe, sich wieder auf ihre Grundwerte zu besinnen, dass sie eine Volkspartei der Mitte ist und auch bleiben soll, die jetzt ihren Weg in die Zukunft mit all seinen Herausforderungen geht. Sie soll sich für den Zusammenhalt in der Gesellschaft einsetzen, aber auch für eine gesunde und lebenswerte Umwelt. Nicht zuletzt geht es schließlich um die Zukunft der Generation der Kinder und Enkelkinder.
Mit Sorge sieht Friedrich Merz die Bildung und Etablierung verschiedener populistischer Parteien am linken und rechten Rand der Demokratie, die unsere Gesellschaft spalten. Es sei die Aufgabe einer Partei wie der CDU, die eigene Partei in der Weise zu konsolidieren, dass sie den Menschen wieder Vertrauen und Sicherheit vermitteln kann und sie nicht aus Enttäuschung oder Frust abwandern und sich verführen lassen müssen. Deshalb ist ein klares politisches Profil und sind politische Lösungen notwendig um den Menschen wieder eine sichere Heimat zu bieten.
In der Entscheidung Angela Merkels, deren Leistungen in den vergangenen 18 Jahren Friedrich Merz trotz mancher Meinungsverschiedenheiten höchsten Respekt und große Anerkennung zollt, den Parteivorsitz abzugeben, sieht er die Möglichkeit, dass der Weg frei wird für die notwendige Erneuerung in einer Zeit der radikalen Umbrüche und substanziellen Veränderungen wie Migration, Globalisierung, Klimawandel und Digitalisierung – den großen Herausforderungen, der Zukunft.
Friedrich Merz stellt sich auch der Frage, dass er knapp zehn Jahre in der Politik nicht präsent war. und wieder in seinem Beruf gearbeitet hat; er erläutert, dass diese Tatsache in Amerika zum Beispiel viel üblicher und es unter Umständen sehr hilfreich ist, das politische Geschehen einmal von außen zu verfolgen. Seine beruflichen Erfahrungen auf nationaler und internationaler Ebene können im Hinblick auf seinen Wiedereinstieg in die Politik absolut einen konstruktiven und dem Gesamten förderlichen Charakter geben.
Darüberhinaus sieht er ein großes Potential an Können in der Jugend, im Sinne von Ideen und Initiativkraft. Unter dieser Voraussetzung wäre natürlich einer seiner Konkurrenten, Jens Spahn, mit seinen gerade mal 38 Jahren der geeignete Mann…
Friedrich Merz sieht sich durchaus in der Lage, unter den neuen Voraussetzungen mit Angela Merkel zielführend zusammenzuarbeiten, auch wenn in diesem Falle wieder der Tatbestand der Trennung von Parteivorsitz und Kanzlerschaft gegeben wäre.
Wer ist Friedrich Merz?
Den Älteren ist Friedrich Merz aus dem politischen Leben noch wohlvertraut und so sei ein kurzer Blick auf seine Biographie und seinen beruflichen Werdegang geworfen.
Am 11. November 1955 wurde er in Brilon im Sauerland in einer alteingesessenen römisch-katholischen Juristenfamilie als ältester von vier Kindern geboren. Sein Vater Joachim Merz (* 1924) war Richter am Landgericht Arnsberg und bis 2007 Mitglied der CDU. Seine Ehefrau Charlotte Merz, geb. Gass, *1961, mit der er drei erwachsene Kinder und drei Enkelkinder hat, ist Amtsgerichtsdirektorin in Arnsberg.
Von 1966-1971 besuchte er das Gymnasium Petrinum in Brilon, das er allerdings wegen schlechten Verhaltens verlassen musste. So wechselte er auf das Friedrich-Spee-Gymnasium in Rüthen, wo er auch 1975 die Allgemeine Hochschulreife erwarb.
Nach seinem Grundwehrdienst studierte er als Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung von 1976-1982 an der Universität Bonn und schloss dort mit dem Ersten Juristischen Staatsexamen ab. Von 1982-1985 absolvierte er sein Referendariat am Amtsgericht Saarbrücken und war dort bis 1986 als Richter auf Probe tätig. Es folgte eine Tätigkeit als Syndikus beim Verband der Chemischen Industrie (VCI) von 1986-1989 in Bonn und Frankfurt am Main.
CDU-Abgeordneter
1972 wurde Friedrich Merz Mitglied der Jungen Union in Brilon und 1980 deren Vorsitzender. Bei der Europawahl 1989 wählte man ihn ins Europäische Parlament, dem er bis 1994 angehörte. In den Jahren 1994 – 2009 war er schließlich Mitglied des Deutschen Bundestages, wo er verschiedene Ämter bzw. Positionen innehatte. Wegen parteiinterner Differenzen kandidierte er bei der Bundestagswahl 2009 nicht mehr und kündigte eine Politpause an um sich seinen beruflichen Plänen widmen zu können.
2009 – 2018: Tätigkeiten in der Wirtschaft
Friedrich Merz hat mannigfaltige Verbindungen in die Welt der Hochfinanz. Kaum ein anderer (wieder) aktiver Politiker ist dort so gut vernetzt wie er – das kann durchaus von Vorteil sein, wenn man Dinge bewegen will, schwierige politische Entscheidungen anbahnen möchte, Sponsoren und Geld organisieren will. Es kann aber auch seine Glaubwürdigkeit erschüttern in der Hinsicht, ob er in der Lage ist, unbeeinflusst von den Wünschen und Interessen der mächtigen Finanzkonzerne für die Interessen der Bürger zu kämpfen.
Am augenfälligsten ist seine Beschäftigung bei Blackrock. Diese sind an allen Dax-Konzernen beteiligt und verwalten 6.000 Milliarden Dollar im Jahr. Blackrock hat die besten Verbindungen zu allen Regierungen auf der Welt. Merz arbeitet für den deutschen Ableger des Finanzunternehmens im Aufsichtsrat.
Durch all seine Tätigkeiten ist er in all den Jahren zum Millionär geworden und es mutet ein wenig merkwürdig an, wenn er in einem Interview sich zum gehobenen Mittelstand rechnet und nur auf beharrliche Nachfrage zugibt, wie es um seine finanziellen Verhältnisse bestellt ist.
Kandidatur für den Vorsitz der CDU
Nun tritt Friedrich Merz an um Parteichef zu werden. Viele Fragen bleiben offen und wenn er gewählt werden würde: ist er in der Lage, nach einer relativ langen Zeit als Beobachter ohne den direkten Arbeitskontakt zur Partei, einer Zeit, in der zahlreiche neue Probleme und Herausforderungen entstanden sind, für die Menschen befriedigende Lösungen anzubieten und der CDU dazu zu verhelfen, wieder eine volksnahe Partei der Mitte zu werden?
Wir dürfen gespannt sein, wer am 8. Dezember Angela Merkel ablösen wird!