Was macht die Vereinigten Staaten von Amerika wirklich aus?

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Die Vereinigten Staaten in der Gegenwart

– Land der unbegrenzten Möglichkeiten!? –

In der jüngsten Vergangenheit werden die Vereinigten Staaten von Amerika (USA), ein Land, das für Europa auf vielen Gebieten immer eine Vorbildfunktion hatte, zunehmend kritisch und mit wachsendem Unbehagen betrachtet. Sie werden vielen Menschen fremd und eine innere Distanz baut sich auf. Die Wahl des aktuellen Präsidenten, Donald Trump, insbesondere der vorangegangene Wahlkampf rief aufgrund der Tatsache, wie er sich persönlich und seine Vorhaben darstellte, nicht nur in Europa großes Missfallen und Skepsis hervor und das Ansehen des Landes litt erheblich. Für den aufmerksamen Beobachter stellt sich deshalb die Frage: auf welchen Grundwerten ist das Land eigentlich aufgebaut?

Was prägt diese Menschen, welche Ziele und Werte haben sie über die Jahrhunderte hinweg verfolgt und das Land zu der Weltmacht entwickelt, die sie heute ist? Ein Blick auf die bewegte, ausgesprochen signifikante Historie der Vereinigten Staaten ist für die Beantwortung dieser Frage sicher sehr aufschlussreich.

Die Vereinigten Staaten von Amerika

Die Vereinigten Staaten sind das drittgrößte Land der Erde, gemessen an ihrer Fläche sowie ihrer Bevölkerung und zeichnen sich durch eine große geographische und klimatische Diversität aus. Ausgesprochen zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sind dort beheimatet. Die Urbanisierung beträgt 81,2%. Durch die ungewöhnlich hohe Zahl von Einwanderern im Laufe der Jahrhunderte, die aus einer Vielzahl von Ländern stammen, gehören die Vereinigten Staaten zu den ethnisch diversesten und multikulturellsten Ländern. Die Amtssprache ist de facto Englisch, in manchen Teilen wird auch Spanisch gesprochen. Vor ca. 13.000 Jahren besiedelten Paläoindianer Nordamerika. Die europäische Kolonisierung begann ca. 1600 ausgehend vom Mutterland England. Entlang der Atlantikküste entstanden 13 Kolonien, deren Kampf um die Unabhängigkeit  in die Amerikanische Revolution mündete und am 4. Juli 1776 zur Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten führte. Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg gegen eine europäische Kolonialmacht verlief erfolgreich und am 17.9.1787 konnte die Verfassung der Vereinigten Staaten deklariert werden.

Ein Blick in die Historie

Der Traum von einem besseren Leben, der Wunsch nach Wohlstand und Unabhängigkeit führte die ersten Einwanderer nach Amerika. Doch was sie dort erwartete, war zunächst ausschließlich der Kampf ums Überleben. Im Süden widmeten sie sich dem Tabakanbau, im Norden entstanden wichtige Handelszentren. Nach harten Kämpfen, die sich dank neuer Waffen und Strategien doch noch zum Guten für sie entwickelten, erlangten sie 1776 die Unabhängigkeit vom britischen Königreich und eine neue Nation wird geboren. In der Folge wollen einige Pioniere den ihnen unbekannten Westen erforschen (Going West). Ihnen begegnet eine Wildnis voller Gefahren, sie treffen auf Ureinwohner, die sich  vehement zur Wehr setzen und schließlich auf große Gold- und Silbervorkommen. Der Goldrausch bemächtigt sich der Menschen und die Hoffnung auf Wohlstand ist in unmittelbare Nähe gerückt!

Neue Siedlungsgebiete sollen erschlossen werden und eine der größten Massenwanderungen in der Geschichte beginnt: das Tor zum ” Wilden Westen” ist das Cumberland Gap. Die Aussicht auf Reichtum und eigenes Land läßt sie keine Mühe scheuen, auch wenn der Preis teilweise hoch ist: viele sterben, Krankheiten brechen aus. Auch das Leben der Ureinwohner ändert sich dramatisch, indem sie zurückgedrängt werden und so manche Epidemie oder Seuche fordert ihren Tribut! Entlang des Mississippi beginnt die goldene Zeit der Raddampfer. Durch diese schrumpfen die Entfernungen bzw. können schneller überwunden werden. Dieser Fakt bringt wiederum den Handel in Schwung und erleichtert bzw. beschleunigt die Kommunikation!

In den ersten 80 Jahren nach Gründung der Vereinigten Staaten boomt die Wirtschaft und sie werden eine der größten Handelsmächte der Welt. Der Eriekanal wird gebaut, im Süden werden Maschinen für die Baumwollgewinnung gebaut; die Plantagenbesitzer werden reich. Dieser Reichtum gründet sich allerdings im wesentlichen auf Sklaverei. Eine Million Schwarzafrikaner arbeiten als Sklaven: ihre Ausbeutung und Unterwerfung führt zum größten Konflikt der noch jungen Nation. Als Abraham Lincoln zum Präsidenten gewählt wird, eskaliert der Streit und führt zum Amerikanischen Bürgerkrieg, eine der blutigsten Auseinandersetzungen in der Geschichte. 1863 schafft Lincoln die Sklaverei per Proklamation ab.

Das ehrgeizigste Projekt des 19. Jahrhunderts ist der Bau der Eisenbahn: 3000 km Bahnstrecke mitten durch die Wildnis soll den Osten mit dem Westen verbinden. Durch dieses Unternehmen wird die Kultur und die Landschaft grundlegend verändert. 10.000 chinesische Arbeiter werden ins Land geholt, viele sterben. In der Folge kommen auch viele Siedler ins Land um neue Gebiete zu erobern. Durch die exzessive Büffeljagd verlieren die Indianer ihre Lebensgrundlage und werden in Reservate verbannt. Auch in den Metropolen findet eine rasante, exzessive Entwicklung statt. In Manhattan entstehen glänzende Stahltürme und in New York wird die größte Statue der Welt, ein Geschenk der Franzosen zum 100. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung aufgestellt; sie ist ein Symbol für die Freiheit und deshalb unter dem Namen Freiheitsstatue in die Geschichte eingegangen.

Freiheitsstatue - Statue of Liberty

Mit 12 Millionen Einwanderern beginnt eine neue Ära: die Städte platzen aus allen Nähten und die Menschen sind gezwungen in die Höhe zu bauen: die Wolkenkratzer entstehen. Stahl wird Anfang des 20. Jahrhunderts zum wichtigsten Material und Baustoff. Aber nicht alle gehören zu den Gewinnern: die Städte sind auch der Nährboden für Armut und Gewalt in vielen Facetten, eine Entwicklung, die bis in die Gegenwart relevant ist. Beinahe gleichzeitig werden in Texas große Erdölfelder entdeckt, das “schwarze Gold”. Öl wird zum Treibstoff des 20. Jahrhunderts und bringt vielen unglaublichen Reichtum. Henry Ford erkennt die Gunst der Stunde, nämlich dass der Fortschritt in der Mobilität liegt. Er entwickelt das Fahrzeug für jedermann!

In Kalifornien, Los Angeles, wird ein riesiges Aquädukt gebaut um dem Wassermangel entgegenzuwirken. Mit dem 1. Weltkrieg werden Autos, Waffen und Erdöl in großen Mengen benötigt: die Wirtschaft boomt wieder! Andererseits ist der Rassenhass immer noch ein nicht bewältigtes Problem und die Kluft zwischen Schwarz und Weiß vergrößert sich weiter. Auch der Alkohol bzw. -missbrauch stellt eine große gesellschaftliche Herausforderung dar. Der Börsencrash 1929 stürzt das Land in eine tiefe Depression. Öffentlich finanzierte Bauprojekte sollen Abhilfe schaffen. So entsteht, gleichsam als Symbol für den amerikanischen Kampfgeist, der Hoover-Staudamm (Las Vegas)! Gleichzeitig suchen eine Reihe von Umweltkatastrophen das Land heim: der ersehnte Aufschwung bleibt aus. In Deutschland sind mittlerweile die Nationalsozialisten an der Macht, der 2. Weltkrieg steht bevor und das Durchhaltevermögen der Amerikaner wird ein weiteres Mal auf die Probe gestellt. Mit ihrem Eintritt in den Krieg nach dem Angriff der japanischen Streitkräfte auf Pearl Harbor müssen die USA alle industriellen Kräfte bündeln: der Bedarf von Waffen, Lebensmitteln und Kriegsgütern aller Art sowie Medizin ist immens und bringt den ersehnten Aufschwung.

In dieser Zeit sind in vielen Bereichen auch die Frauen gefragt; das Ideal der Gleichberechtigung rückt näher. In der Armee kämpfen Schwarze und Weiße Seite an Seite für die gleichen Ideale. Aber erst durch Martin Luther King wurde das Problem der Rassentrennung in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts grundlegend bekämpft: die Civil Rights Movement entstand; die Rassentrennung wurde endlich aufgehoben und das uneingeschränkte Wahlrecht auch für die schwarzen Bürger eingeführt. 1964 erhielt Martin Luther King den Friedensnobelpreis, im Jahr 1968 wurde er ermordet.

Die letzte Kriegshandlung der Amerikaner war der Einsatz der ersten Atombombe in Hiroshima und Nagasaki. 

Durch den Sieg getragen, wird nach dem 2. Weltkrieg Amerikas Führungsrolle als Weltmacht weiter ausgebaut. Erfindungsgeist und Mut zur Innovation sind weiterhin die tragenden Säulen. In der 50er-Jahren erscheint kein Projekt zu groß: Flugzeuge und Raketen werden gebaut. Und es gibt Neuland: der Weltraum will erobert werden und auch hier will Amerika Pionier sein. Der Wettlauf mit den Sowjets geht knapp zugunsten der Vereinigten Staaten aus. Am 21.Juli 1969 betraten Neil Armstrong und Buzz Aldrin  als erste Menschen mit der Mission Apollo 11 den Mond.

Der Vietnamkrieg in Südostasien war eine erneute Herausforderung für die USA, in der sie nach jahrelangen Kämpfen und großen Verlusten schließlich unterlagen.

Die erwachsen gewordene Generation der Babyboomer stellten viele Werte der Vergangenheit vehement in Frage: sie forderten Frieden und Freiheit für alle. Woodstock war die Signatur für diese Bewegung! Und nicht zuletzt wird in diesen Jahren auch die Frage der Frauenbewegung erneut in Bewegung gebracht sowie die Frage nach der gleichgeschlechtlichen Liebe in den Fokus genommen. Nach dem Watergate-Skandal trat der damalige Präsident, Richard Nixon, zurück. Der Kalte Krieg, auch Ost-West-Konflikt genannt, im Grunde der Kampf zwischen Kapitalismus und Kommunismus, prägte das politische Leben der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1986 wurde das Spaceshuttle ISS, ein Höhepunkt moderner Technologie in den Weltraum geschickt: umso größer war das Entsetzen, als die Challenger vor laufender Kamera explodierte.

Spaceshuttle

Nach dem 2. Weltkrieg erobert auch das mittlerweile schon sehr weit entwickelte Fernsehen die Medienlandschaft sowohl in den USA als auch weltweit und stellt bis zum heutigen Tag einen wichtigen Bestandteil dar! 1951 verfügen in den USA 10 Millionen über ein Fernsehgerät, 1952 sind es bereits 15 Millionen, 1970 60 Millionen und heute sind es 96,7% der Bevölkerung, die mindestens ein Fernsehgerät besitzen, Tendenz steigend. Auf die Differenzierung und Optimierung der Fernsehlandschaft soll in diesem Zusammenhang nicht näher eingegangen werden.

Der Computer (PC) feierte ebenfalls einen Siegeszug, ebenso wie die Einführung der Kreditkarte, zunächst nur für die Reichen, später für jedermann. In der 80er Jahren erreichte der Konsum seinen ersten Höhepunkt. Die fortschreitende digitale Entwicklung setzt bis zum heutigen Tag Maßstäbe: Firmen wie IBM oder Apple entwickelten immer bessere und leistungsfähigere Geräte. Silicon Valley ist das Synonym für Technologie auf höchstem Niveau geworden. Das Internet verändert bzw. revolutioniert die Kommunikation grundlegend und umfassend. Neue Kommunikationsmöglichkeiten, Technologien verändern stets die Wirtschaft und dadurch auch das gesellschaftliche System, schaffen völlig neue Strukturen. Zu Beginn des neuen Jahrtausends erlebte Amerika seinen wohl schwärzesten Tag in der Geschichte: am 11. September 2001 wurde durch terroristische Angriffe das World Trade Center zum Einsturz gebracht. Vom 20. März 2003 – 1. Mai 2003 fand der Irakkrieg, auch Dritter Golfkrieg genannt, statt, wobei es sich um eine völkerrechtswidrige Militärinvasion handelte. Bis 2011 wurde der Irak besetzt.

2008 erschütterte der weltweite Börsencrash die Finanzmärkte durch den die US-Investbank Lehman Brothers stürzte. Nur wenige Jahre später ereignet sich, auf dem Hintergrund der Historie der Vereinigten Staaten ein signifikantes Ereignis: am 20.1.2009 wird Barack Obama, erstmals ein schwarzer Präsident, in sein Amt eingeführt, das er bis 2016 bekleidet. Wird es den Vereinigten Staaten gelingen, sich auf ihre Werte und Ziele, die seit Jahrhunderten ihre Identität ausmachen, zurückzubesinnen und in die Zukunft zu führen?

Fazit und Ausblick

Versucht man sich ansatzweise einen Überblick über die Historie Amerikas zu verschaffen, sie zu analysieren und interpretieren, wird man schnell bemerken, wie sich viele Motive über die Jahrhunderte wiederholt haben, immer wieder in vielen Facetten darstellen und somit gleichsam die “roten Fäden” bilden.

Freiheit jeglicher Couleur und Unabhängigkeit waren von Anfang an stets die Antriebskräfte für viele Entwicklungen. Wurden Versprechen nicht eingelöst oder waren durch andere Umstände in Gefahr, waren die Amerikaner umgehend bereit, durch groß angelegten Protest ihre Ideale und Werte zu verteidigen, d.h. nichts als gegeben hinzunehmen. Zahlreiche Rückschläge auf vielen Gebieten konnten sie dank eines tief verwurzelten Grundoptimismus nie von ihren Vorhaben abbringen. Es gab immer nur Herausforderungen, die bewältigt werden müssen! Die Option zu scheitern wurde stets einkalkuliert, ebenso wie die Möglichkeit sich wieder aufrichten zu können. Der Wille, unter allen Umständen neu anzufangen, im Großen zu denken und nicht den Glauben zu verlieren, dass sie Großes schaffen können, blieb über die Jahrhunderte ungebrochen: Glaube versetzt Berge. Immer war die Bereitschaft vorhanden diese Ziele mit einem immensen Arbeitseinsatz, bei dem auch der Tod nicht gescheut wurde, zu erreichen. Nicht umsonst sprach man zu allen Zeiten vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten, dem American dream oder dem American way of life: jeder als Individualität ist für sich selbst verantwortlich, kann alles schaffen, wenn er nur den nötigen Einsatz zeigt. Der Staat ist nicht für alles verantwortlich, jeder für sich!

In der Vergangenheit wurden allerdings zwei entscheidende Problematiken oft nur ungenügend realisiert und mit erheblichen Verzögerungen bearbeitet: zum einen die Rassenfrage, zum anderen die Sklavenfrage! Solche Konflikte können aber im Untergrund noch lange weiterschwelen und in verwandelter Form wieder aufbrechen. Im heutigen Amerika als führender Weltmacht, erlebt der Kapitalismus stets neue Superlative, die Kluft zwischen Arm und Reich ist so eklatant wie nie mit allen daraus folgenden Konsequenzen.

Die Aufgeschlossenheit und Offenheit für jegliche Technik bzw. Technologie aller Art zieht sich auch wie ein roter Faden durch die Geschichte und beschert dem Land unermesslichen Reichtum, an dem jedoch nicht alle teilhaben. In ihrer Unabhängigkeitserklärung ist verankert, dass jeder Bürger Waffen besitzen darf, eine Tatsache, die für die Amerikaner bis zum heutigen Tag von ausgesprochen großer Relevanz ist. Gegenwärtig leben die Eliten an der Küste, viele, die nicht dazugehören, fühlen sich allein gelassen: ideale Voraussetzungen für einen Präsidenten wie Donald Trump, einen Mann, der bisher ganz andere Ziele verfolgt und proklamiert hat.

Wird es Amerika gelingen, sich auf seine eigentlichen, ursprünglichen Werte zu besinnen und so das Land in die Zukunft zu führen?

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Harriet von Behr
Harriet von Behr ist gelernte Verlagsbuchhändlerin, studierte anschließend Germanistik und Theaterwissenschaft und arbeitete während und nach dem Studium für mehrere Verlage im Lektorat. Aktuell schreibt sie u.a. für TheMan Artikel zu den verschiedensten Themen.
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